Auf dem Weg zu einer selbstständigen Lernkultur

Selbstregulation umfasst zunächst ganz Allgemein gesprochen, „die Fähigkeit, die eigenen Gedanken, Emotionen und Handlungen zielgerichtet zu steuern“ (Perels & Schmitz, 2011, S. 46).

Wie das Lesen, Schreiben oder Rechnen, muss sich auch die Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen entwickeln. Die Entwicklung der Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen nimmt neben dem Fachwissen eine zentrale Rolle im Bildungskontext ein. Warum ist das so?

Wir wissen heute nicht, welches Fachwissen unsere Schüler:innen für die Zukunft brauchen. Wissen veraltet schnell und Wissen entwickelt sich rasant weiter. Daher ist es wichtig, dass Schüler:innen in der Lage sind, sich Wissen selbstständig anzueignen.

Was bedeutet selbstreguliertes Lernen eigentlich?

Komponenten des selbstregulierten Lernens

Kognitive Komponente: Handlungen, die sich auf die Informationsverarbeitung beziehen und die Fähigkeit umfassen, Lernstrategien effizient auszuführen

Motivationale Komponente: Handlungen, die sich auf die Initiierung und Aufrechterhaltung des Lernens beziehen

Metakognitive Komponente: Handlungen, die sich auf die Planung, Überwachung, Reflexion und Anpassung des eigenen Lernens in Bezug zum Lernziel beziehe

Prozess des selbstregulierten Lernens

Präaktionale Phase: umfasst die Handlungsplanung und Lernvorbereitung, d.h. es werden ausgehend von einer Aufgabe Ziele definiert, Strategien zur Erreichung der Ziele ausgewählt und das Lernvorhaben geplant.

Aktionale Phase: umfasst die Lernhandlung selbst, d.h. die ausgewählten Lernstrategien werden ausgeführt und das eigene Handeln überwacht und das Lernen falls notwendig angepasst.

Postaktionale Phase: umfasst die Einschätzung des Lernergebnisses, um Schlussfolgerungen für zukünftiges Lernen treffen zu können.

In kleinen Schritten zum selbstregulierten Lernen

Anhand der Komplexität des selbstregulierten Lernens wird deutlich: Selbstreguliertes Lernen lässt sich nicht von heute auf morgen vollständig aufbauen. Der Aufbau und die Entwicklung der Fähigkeit des selbstregulierten Lernens ist ein Prozess, der sukzessive im Unterricht integriert werden muss. Integration meint hierbei fachliches Lernen mit dem Aufbau und der Entwicklung der Fähigkeit des selbstregulierten Lernens zu verzahnen.

Wo fange ich am besten an?

Die Grundvoraussetzung des selbstregulierten Lernens ist das Wissen über Lernstrategien. Hierzu zählt sowohl das deklarative Wissen, d.h. das Wissen darüber, welche Lernstrategien es gibt und welche allgemeinen Ziele diese verfolgen, das prozedurale Wissen, d.h. das Wissen darüber, wie Lernstrategien adäquat ausgeführt werden, und das konditionale Wissen, d.h. das Wissen darüber, wann welche Lernstrategien sinnvoll ist.

Die Einführung von Lernstrategien sollte dabei in den Unterricht integriert werden, d.h. mit fachlichem Lernen verknüpft werden. Der Erwerb und die Festigung von Lernstrategien ist dabei Aufgabe aller Fächer; es kann daher sinnvoll sein, ein Lernstrategie-Curriculum zu konzipieren. Mithilfe des Lernstrategie-Curriculums ist zu jedem Zeitpunkt bekannt, auf welche Lernstrategien beim fachlichen Lernen zurückgegriffen werden kann.

Das Lernstrategie-Curriculum

Festlegung der Einführung der Lernstrategien: Wann soll welche Lernstrategie in welchem Fach eingeführt werden?

Festlegung der Vertiefung der Lernstrategien: Wie können die Lernstrategien in den einzelnen Fächern angewendet und gefestigt werden?

Die Einführung von Lernstrategien – Der Cognitive Apprenticeship Ansatz

Der Cognitive Apprenticeship Ansatz umfasst 6 Schritte, mithilfe dessen Lernende komplexe Fähigkeiten erwerben können.

1. Modelling: Die Lehrkraft führt eine Handlung aus (in unserem Fall führt sie eine konkrete Lernstrategie aus). Dabei wird die Ausführung, sowie mögliche Schwierigkeiten während des Ausführens verbalisiert und den Lernenden so transparent gemacht.

2. Coaching: Die Lehrkraft begleitet und unterstützt die Lernenden in der Ausführung der Lernstrategie.

3. Scaffolding: Die Lehrkraft übergibt den Lernenden immer mehr Verantwortung bei der Ausführung der Lernstrategie, d.h. die Unterstützung erfolgt nur noch dort, wo sie notwendig ist.

4. Articulation: Durch gezielte Fragen zur Lernstrategie werden die Lernenden dazu aufgefordert, die Ausführung der Lernstrategie in eigenen Worten zu beschreiben. Dies kann im Plenum, aber auch in Kleingruppen oder in Partnerarbeit erfolgen.

5. Reflection: Die Lernenden werden durch die Lehrkraft dazu angeregt, über die eigene Ausführung der Lernstrategie zu reflektieren.

6. Exploration: Die Lernenden führen die Lernstrategien eigenständig in verschiedenen Kontexten aus.

Überblick zur Integration selbstregulierten Lernens

Lernumgebungsgestaltung

Öffnen von Lernaufgaben: Vielfalt an Lernstrategien ermöglichen, z.B. durch problemorientiertes Lernen, eigenständige Auswahl der Gestaltung des Lernproduktes

Einbindung von Reflexionsprozesse: Nachdenken über das eigene Lernen, z.B. durch Reflexionsgespräche in Kleingruppen, Lerntagebücher

Partizipation im Lernprozess: sich selbst als Lerner:in wahrnehmen, z.B. durch Auswahl des Lernmediums oder der Sozialform

Methoden: Schüler:innen als aktive Teilhaber am Lernen, z.B. durch schülerorientierte Lernmethoden (Flipped-Classroom, Lernen durch Lehren, Peer-Learning, Kooperatives Lernen)

Du möchtest in deiner Schule das Lernstrategie-Curriculum einführen und entwickeln oder du brauchst Unterstützung in der konkreten Umsetzung des Cognitive-Apprenticeship-Ansatzes? Wir helfen dir dabei – melde dich einfach bei uns.

Otto, B., Perels, F., & Schmitz, B. (2011). Selbstreguliertes Lernen. In Empirische Bildungsforschung (pp. 33-44). VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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